Konformität

Das ab 28. Juni 2025 in Kraft tretende Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) legt verpflichtende Barrierefreiheitsanforderungen, die Wirtschaftsakteure einhalten müssen. Wirtschaftsakteure sind Hersteller und deren Bevollmächtigte, Importeure, Händler und Dienstleistungserbringerbestimmter Produkte und Dienstleistungen.

Unter das Barrierefreiheitsgesetz fallende Produkte sind so zu gestalten/herzustellen, dass ihre (vorhersehbare) Nutzung durch Menschen mit Behinderungen maximiert wird und diese ohne besondere Hürden über das Produkt informiert werden können.

Das heißt konkret:

  • Informationen zur Nutzung des Produkts auf dem Produkt selbst (also Kennzeichnungen, Warnhinweise und Gebrauchsanleitungen) müssen
  • multisensorisch (über mehr als bloß eine Wahrnehmungserfahrung Sehen – Tasten – Hören – Sprechen) dargestellt,
  • allen vorhersehbaren Kund:innen gegenüber wahrnehmbar,
  • und verständlich aufbereitet werden.

Solche Textelemente sind zudem in angemessener Weise (Schriftart, -größe, Abstand, Kontrast) darzustellen.

 
  • Anleitungen zur Nutzung des Produkts, die zwar nicht auf dem Produkt selbst angegeben sind, aber in Zusammenhang mit dessen Gebrauch (u.a. über eine Website) bereitgestellt werden – dazu gehören auch allfällige Barrierefreiheitsfunktionen (z.B. entsprechende Einstellmöglichkeiten oder die Verbindung mit assistiven Technologien) – müssen bei Inverkehrbringen des Produkts öffentlich verfügbar sein. Außerdem müssen diese Informationen

    • multisensorisch (über mehr als bloß eine Wahrnehmungserfahrung Sehen – Tasten – Sprechen – Hören) dargestellt,
    • allen vorhersehbaren Kund:innen gegenüber wahrnehmbar,
    • und verständlich  aufbereitet werden.

    Diese Textelemente sind zudem in angemessener Weise (Schriftart, -größe, Abstand, Kontrast) darzustellen und in solchen Textformaten zur Verfügung gestellt werden, die für den Einsatz assistiver Technologien (bspw. Text-to-Speech-Systeme) geeignet sind. Dazugehörige Nicht-Text-Elemente sind mit einer alternativen Darstellungsform auszustatten. Mit Ausnahme von Selbstbedienungsterminals gelten diese Anforderungen ebenso für die Produktverpackungen.

    In derselben Form müssen Beschreibungen zur Handhabung, Steuerung (Input und Output) und zur Produktfunktionalität enthalten sein, wobei anzugeben ist, welche – die Barrierefreiheit unterstützenden – Merkmale (siehe unten) das Produkt aufweist. Auch eine Beschreibung von Soft- und Hardwareschnittstellen (für assistive Technologien) ist zur Verfügung zu stellen, einschließlich einer Liste der Hilfsmittel, die zusammen mit dem Produkt getestet wurden.

    • Das Produkt – seine Handhabung, Steuerung, etc. – muss Merkmale aufweisen, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, darauf zuzugreifen, es zu bedienen, zu verstehen und wahrzunehmen; unter anderem durch:
    • die Zurverfügungstellung von alternativen Wahrnehmungserfahrungen (also eine Alternative zur Texteingabe, zur Farbwahrnehmung, zur Spracheingabe, …),
    • die Einstellbarkeit der wichtigen Wahrnehmungserfahrungen (also eine Anpassung der Lautstärke, Text-/Sprachgeschwindigkeit, eine sequenzielle Steuerbarkeit, …),

    • die Vermeidung übertrieben großer Reichweiten und Kraftanstrengungen in der Bedienung,
    • die Zurverfügungstellung ausreichender Zeitmengen/-abstände in der Interaktion,
    • die Zurverfügungstellung von Schnittstellen für assistive Technologien in Hard- und Software,
    • die Zurverfügungstellung von Alternativen in der biometrischen Identifizierung,
    • und den Schutz der Privatsphäre der Nutzer:innen beim Gebrauch dieser Barrierefreiheitsfunktionen. </ul></ul>

    Daneben muss das Produkt bestimmte branchenspezifische Anforderungen erfüllen, bspw. bei Selbstbedienungsterminals, E-Book-Lesegeräten und Verbraucherendgeräten, die der Kommunikation oder dem Zugang zu audiovisuellen Medien dienen.

    • Sind für das Produkt Unterstützungsdienste verfügbar (also Call-Center, Help-Desks, technische Hotlines oder Relais- bzw. Einweisungsdienste), müssen diese Informationen über die Barrierefreiheit des betreuten Produkts und etwaig unterstützte assistive Technologien barrierefrei bereitstellen.
 

Unter das Barrierefreiheitsgesetz fallende Dienstleistungen sind so zu erbringen/anzubieten, dass ihre (wahrscheinliche) Nutzung durch Menschen mit Behinderungen maximiert wird. Die mit einer Dienstleistung in Verbindung stehenden bzw. die zur Erbringung der Dienstleistung verwendeten Produkte – ebenso deren Informationen – sind gleichermaßen barrierefrei zu gestalten, wenn diese auch unter das Barrierefreiheitsgesetz fallen. Mehr zu den Produkten siehe oben.

Konkret bedeutet das für Dienstleistungen – auch im Zusammenspiel mit etwaigen Hilfsmitteln und Hilfseinrichtungen:

  • Informationen über die Bereitstellung der Dienstleistung müssen
    •  multisensorisch (über mehr als bloß eine Wahrnehmungserfahrung Sehen – Tasten – Hören – Sprechen) dargestellt,
    • allen vorhersehbaren Kund:innen gegenüber wahrnehmbar,
    • und verständlich aufbereitet werden. 

    Solche Textelemente sind zudem in angemessener Weise (Schriftart, -größe, Abstand, Kontrast) darzustellen. Dazugehörige Nicht-Text-Elemente sind mit einer alternativen Darstellungsform auszustatten. Für die Erbringung einer Dienstleistung erforderliche elektronische Informationen – das schließt Websites, Online-Anwendungen, mobilgerätebasierende Dienstleistungen („Apps“) mit ein – werden auf kohärente und angemessene Weise (also wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust) dargestellt.
  • Sind für die Dienstleistungen Unterstützungsdienste verfügbar (also Call-Center, Help-Desks, technische Hotlines oder Relais- bzw. Einweisungsdienste), müssen diese Informationen über die Barrierefreiheit des betreuten Produkts und etwaig unterstützte assistive Technologien barrierefrei bereitstellen.

Für die im Barrierefreiheitsgesetz genannten Dienstleistungen bestehen abseits dieser allgemeinen außerdem noch spezifische Anforderungen an die Barrierefreiheit. Generell gilt bei der Ausführung dieser Dienstleistungen, dass Funktionen, Strategien, Verfahren, Prozesse und Änderungen vorgesehen sein sollen, um auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und ein Zusammenspiel mit assistiven Technologien eingehen. Die folgende Liste soll einen informativen Auszug darstellen:

  • <ul> Bei elektronischen Kommunikationsdiensten ist u.a. neben der Bereitstellung einer Sprachkommunikation auch die Bereitstellung von Text in Echtzeit zu gewährleisten.
  • Bei Diensten für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten ist die Bereitstellung elektronischer Programmführer in der o.a. Art und Weise (wahrnehmbar, bedienbar, verständlich, robust) zu gewährleisten.
  • Bei Bankdienstleistungen für Verbraucher:innen sind Identifizierungsmethoden, elektronischen Signaturen, Sicherheits- und Zahlungsdiensten in der o.a. Art und Weise (wahrnehmbar, bedienbar, verständlich, robust) bereitzustellen. Informationen sind so verständlich zu gestalten, dass ihr Schwierigkeitsgrad nicht über dem Sprachniveau B2 liegt.
  • Bei Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce) sind Informationen zur Barrierefreiheit der zum Verkauf stehenden Produkte – sofern vom verantwortlichen Wirtschaftsakteur bereitgestellt – bereitzustellen. Überdies sind Identifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsmethoden und -dienste wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust zu gestalten. </ul>

Für Dienstleistungserbringer, die ihre Dienstleistungen über Selbstbedienungsterminals erbringen, gilt außerdem, dass sie Informationen erstellen (lassen), ob und in welchem Ausmaß die in ihre Verantwortung fallende bauliche Umwelt (bspw. Zugang, Wendebereiche, Orientierungssysteme, Höhe zu den maßgeblichen Interaktionselementen des Terminals) für Menschen mit Behinderungen barrierefrei ist. Diese Informationen sind der Allgemeinheit – ebenfalls barrierefrei – bereitzustellen.

Harmonisierte Normen zur Barrierefreiheit

Mehrere harmonisierte Normen vonseiten der Europäischen Normungsorganisationen für die vom Barrierefreiheitsgesetz umfassten Produkte und Dienstleistungen befinden sich aktuell in Bearbeitung.

Die Grundlage für die Überprüfungen der Marktüberwachungsbehörde bilden die Barrierefreiheitsanfoderungen des BaFG. Dabei zieht die Behörde im Detail die EN 301 549 heran. Hiebei handelt es sich um eine harmonisierte europäische Norm im Sinne des $ 3 Z 21 BaFG in Verbindung mit Art. 2 Z 1 lit c der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012,  welche Anforderungen für die digitale Barrierefreiheit enthält. Die EN 301 549 nimmt auf die WCAG 2.1 Bezug, weswegen auch  die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) bei der Prüfung der Einhaltung des Barrierefreiheitsgesetzes durch die Marktüberwachungsbehörde berücksichtigt werden. 

Grundlegende Veränderungen und unverhältnismäßige Belastungen

Die Barrierefreiheitsanforderungen des BaFG gelten nur insoweit, als deren Einhaltung keine wesentliche Änderung eines Produkts oder einer Dienstleistung erfordert. Ebenso gelten die Anforderungen nur insoweit, als deren Einhaltung keine unverhältnismäßige Belastung darstellt. In beiden Fällen handelt es sich jedoch nicht um generelle Ausnahmen: die Feststellung sowohl vermuteter wesentlicher Änderungen und unverhältnismäßiger Belastungen hat auf Grundlage einer schriftlichen Beurteilung und anhand bestimmter Maßstäbe und Kriterien zu erfolgen.